Die im Dilsberger Kommandantenhaus ausgestellten Bilder sind meine aktuellsten Arbeiten. Sie sind Teil der größeren Serien „Burka Hidschab Nonnenschleier“ und „Schutz- und Tarnhelme II“ und über mehrere Jahre hinweg entstanden.
Sie behandeln die Themen, die sich ebenso in den vorhergehenden Serien, mehr oder weniger rätselhaft, ablesen lassen; sie zeigen das Bedürfnis, sich zu schützen, abzugrenzen oder zu erwehren. So sind auch deren Titel: „Schutzlinge“, „kleine Soldaten“, „Pfeile“, „dem Himmel sei Dank“, „Fühler und Geweihe“ und „Superkarmas“. Sie alle nehmen mehr oder weniger Bezug auf persönliche Erinnerungen und Ereignisse.
Die beiden gezeigten Serien behandeln das Thema Kleidung und Kopfbedeckung: Kleidung umschließt den Körper und grenzt ein „außen“ ab. Sie definiert eine private Sphäre. Kleidung gibt Schutz, kann feierlich sein, kann zeigen, aber auch verhüllen, sogar ein tragbares Versteck sein.
Ergänzend zu der Malerei auf (dickem) Papier wird eine Projektion von Fotos gezeigt, die im Kontext der Religionen stehen, mit denen ich im Laufe des Lebens in Berührung kam. Als arabisches Kind in Bagdad geboren, kam ich in frühester Kindheit mit beiden Eltern und jüngerem Bruder nach Deutschland, wo der Vater Ingenieurwesen studierte. Der Mutter blieb die neue Kultur fremd und sie kehrte bald in den Irak zurück. Wir Kinder kamen zu deutschen Pflegeeltern, zeitweise auch in ein von katholischen Ordensschwestern geführtes Kinderheim. Als Sechsjährige wurde ich katholisch getauft und war stark beeindruckt von den liturgischen Gewändern der Priester und dem feierlichen Gehabe in der Kirche. Die Vorstellung, durch den Glauben geborgen zu sein, haben dem kleinen Kind von damals geholfen Ängste zu besiegen.
Nach Jahrzehnten ohne Kontakt zu meiner Mutter und ihrem Zweig meiner Familie, habe ich sie vor einigen Jahren bei ihrem Bruder, meinem Onkel, der in die Türkei geheiratet hat, und seiner Familie wieder getroffen. Sie alle sind recht strenge Muslime und der regelmäßige Kontakt hat bei mir zu einer verstärkten Beschäftigung mit dem Thema der religiösen Identität geführt.
Die häufigeren Aufenthalte im muslimisch geprägten Osten der Türkei und die Erinnerung an die herben Nonnen der 1960er geben das Grundthema der Serie „Burka Hidschab Nonnenschleier“ vor. In über sechzig Einzelarbeiten werden verschiedene Elemente und Symbole, auch die religiösen, in spielerischer Collage zu Bildern variiert, die mal so sein können, oder so … oder auch ganz anders!
Cholud Kassem, 2020

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